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Einführung ins Radtraining für Einsteiger: Vom Grundlagenaufbau bis zur Leistungsoptimierung
Der Radsport ist eine vielseitige und herausfordernde Disziplin, die Ausdauer, Kraft, Technik und mentale Stärke erfordert. Für Einsteiger im Rennrad- oder Gravel-Bereich ist es wichtig, mit einem strukturierten Trainingsplan zu beginnen, der sowohl die Grundlagen der Kondition als auch technische Fähigkeiten schult. Egal ob du auf der Straße, im Gelände oder in einer gemischten Umgebung unterwegs bist – ein systematischer Ansatz hilft dir, effizienter zu trainieren und Fortschritte zu erzielen, ohne dabei Verletzungen oder Überlastung zu riskieren.
Dieser Leitfaden bietet eine ausführliche Einführung in das richtige Training für Rad-Einsteiger und behandelt wichtige Themen wie Technik, Grundlagentraining, Intervalltraining, Bergauffahren, Sprints, Gruppentraining, die Wahl der richtigen Übersetzung, Kurbellänge und vieles mehr. Zudem erklären wir, wie du deine Leistung mithilfe von Pulsmessern und Powermetern analysieren und optimieren kannst. Am Ende findest du drei detaillierte Trainingspläne für verschiedene Leistungsniveaus.
1. Grundlagentraining: Der Schlüssel zur Ausdauer
Das Grundlagenausdauertraining bildet das Fundament für jede sportliche Entwicklung im Radsport. Anfänger sollten in den ersten Wochen vor allem an ihrer Ausdauer arbeiten, da diese die Basis für intensivere Trainingseinheiten bildet. Bei diesen Trainingseinheiten bewegst du dich im sogenannten aeroben Bereich, in dem dein Körper überwiegend Fette als Energiequelle nutzt.
• Technik: Um eine optimale Grundlage zu schaffen, solltest du auf eine saubere Trittfrequenz (ideal etwa 80–90 Umdrehungen pro Minute) und eine entspannte, ergonomische Sitzposition achten.
• Trainingsintensität: Halte dich bei den Grundlageneinheiten im Bereich von 60–75 % deiner maximalen Herzfrequenz oder etwa 55–70 % deiner FTP (Functional Threshold Power), wenn du mit einem Powermeter trainierst.
• Ziel: Das Ziel des Grundlagentrainings ist es, die Ausdauer zu verbessern, den Fettstoffwechsel zu optimieren und eine solide Basis für intensivere Belastungen zu schaffen.
Beispiel: Grundlagenfahrt (1,5–3 Stunden)
• Puls: 60–75 % der maximalen Herzfrequenz
• Trittfrequenz: 80–90 RPM
• Powermeter: 55–70 % FTP
• Fokus: Technik und Ausdauer
2. Intervalltraining: Für mehr Kraft und Tempo
Sobald du eine gute Grundlage aufgebaut hast, kannst du mit Intervalltraining beginnen. Diese Trainingseinheiten wechseln zwischen Phasen hoher Intensität und Erholungsphasen. Das Ziel ist es, deine maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max), die anaerobe Kapazität und die Laktattoleranz zu erhöhen.
• Technik: Bei kurzen, intensiven Intervallen solltest du eine hohe Trittfrequenz (90–110 RPM) anstreben. Achte darauf, dass du die Intervalle so sauber wie möglich durchführst.
• Trainingsintensität: Diese Einheiten erfolgen oft bei 85–100 % der maximalen Herzfrequenz oder 90–110 % deiner FTP.
• Ziel: Steigerung der Kraft, Schnelligkeit und anaeroben Kapazität.
Beispiel: 30/30-Intervalle (30 Sekunden Belastung, 30 Sekunden Pause)
• Wiederholungen: 8–10 Intervalle
• Belastung: 85–95 % der maximalen Herzfrequenz
• Powermeter: 100–110 % FTP
• Fokus: Erhöhung der VO2max
3. Bergauffahren: Kraftausdauer und Technik verbessern
Das Bergauffahren ist eine der größten Herausforderungen im Radsport, da es sowohl hohe Ausdauer als auch viel Kraft erfordert. Anfänger sollten sich schrittweise an Bergfahrten gewöhnen, um ihre Kraftausdauer zu verbessern.
• Technik: Achte darauf, dass du beim Bergauffahren ruhig im Sattel bleibst und eine konstante Trittfrequenz von 70–80 RPM hältst. Vermeide zu große Übersetzungen, um deine Gelenke zu schonen.
• Trainingsintensität: Trainiere je nach Fitnesslevel bei etwa 75–85 % der maximalen Herzfrequenz oder 80–90 % FTP.
• Ziel: Verbesserung der Kraftausdauer und der Fähigkeit, längere Anstiege effizient zu bewältigen.
Beispiel: Bergwiederholungen (3–5 Wiederholungen)
• Belastung: 75–85 % der maximalen Herzfrequenz
• Powermeter: 80–90 % FTP
• Fokus: Kraftausdauer und Technik
4. Sprinttraining: Explosivität und Antrittsstärke
Für das Sprinttraining ist eine hohe Antrittsstärke gefragt, die gezielt trainiert werden kann. Diese Einheiten verbessern nicht nur deine Explosivität, sondern helfen dir auch, bei höheren Geschwindigkeiten zu bestehen.
• Technik: Konzentriere dich auf einen kräftigen Antritt aus dem Sattel mit einer niedrigen Übersetzung. Nutze die ersten 10–15 Pedalumdrehungen, um maximalen Druck aufzubauen.
• Trainingsintensität: Sprinte bei maximaler Belastung (100 % der maximalen Herzfrequenz) über kurze Distanzen von etwa 100–200 Metern.
• Ziel: Steigerung der Schnellkraft und der Fähigkeit, explosive Antritte zu fahren.
Beispiel: Sprints (8–10 Wiederholungen)
• Belastung: Maximal
• Dauer: 10–15 Sekunden
• Fokus: Explosivität
5. Fahren in der Gruppe: Taktik und Sicherheit
Das Fahren in der Gruppe ist eine Kunst, die jeder Radfahrer beherrschen sollte, da es nicht nur effizienter, sondern auch sicherer sein kann. Es erfordert jedoch gutes Einschätzungsvermögen und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
• Technik: Achte auf eine konstante Geschwindigkeit und halte immer einen kleinen Sicherheitsabstand zum Vordermann. Übe das „Rollen“ im Windschatten, um Energie zu sparen.
• Trainingsintensität: Gruppenfahrten können sowohl im Grundlagenbereich als auch bei höherer Intensität stattfinden, je nachdem, wie die Gruppe das Tempo gestaltet.
• Ziel: Verbesserung der taktischen Fähigkeiten und des Windschattenfahrens.
Beispiel: Gruppenfahrt (2–3 Stunden)
• Intensität: Variiert
• Fokus: Windschatten, Taktik
6. Die richtige Übersetzung und Kurbellänge
Die Wahl der Übersetzung spielt eine große Rolle im Hinblick auf die Effizienz deiner Fahrweise. Anfänger sollten zu Beginn leichtere Übersetzungen nutzen, um eine gleichmäßige Trittfrequenz beizubehalten und die Belastung auf die Gelenke zu reduzieren.
• Empfohlene Übersetzung: Für die meisten Einsteiger eignen sich Kassetten mit einem größeren Ritzel (z.B. 11–32) in Kombination mit Kompaktkurbeln (50/34).
• Kurbellänge: Die Wahl der Kurbellänge hängt von der Beinlänge ab. Für die meisten Fahrer liegt die optimale Kurbellänge zwischen 165 mm und 175 mm. Kleinere Fahrer greifen zu kürzeren Kurbeln, größere Fahrer zu längeren.
7. Analytisches Training mit Puls- und Powermessung
Die Nutzung von Puls- und Powermetern ermöglicht es, das Training gezielt und wissenschaftlich zu steuern. Während der Puls ein guter Indikator für die Herz-Kreislauf-Belastung ist, misst der Powermeter direkt die Leistungsabgabe in Watt. Dies bietet eine genaue Kontrolle und hilft, Fortschritte besser zu überwachen.
• Pulszonen: Je nach Trainingsziel trainierst du in verschiedenen Pulszonen (z.B. Zone 2 für Grundlagenausdauer, Zone 5 für VO2max-Intervalle).
• Leistungszonen: Bei der Powermessung gibt es ebenfalls verschiedene Zonen, die sich auf deine FTP beziehen. Ein gezieltes Training in diesen Zonen ermöglicht es dir, deine Leistungsfähigkeit Schritt für Schritt zu steigern.
8. Trainingspläne: Hobbyfahrer, ambitionierter Fahrer und Rennfahrer
Trainingsplan 1: Hobbyfahrer (2–3 Trainingstage pro Woche)
Woche Tag 1 Tag 2 Tag 3
1 Grundlagenfahrt (1,5h) Intervalltraining (45 min) Grundlagenfahrt (2h)
2 Grundlagenfahrt (2h) Bergwiederholungen (1h) Grundlagenfahrt (2h)
3 Grundlagenfahrt (2h) Sprinttraining (45 min) Grundlagenfahrt (2,5h)
4 Regeneration (1,5h locker) Intervalltraining (45 min) Grundlagenfahrt (2h)
5 Grundlagenfahrt (2h) Bergwiederholungen (1h) Grundlagenfahrt (2,5h)
6 Grundlagenfahrt (2h)